, Vrena Moritzi

4. Juli 2023 Der Klosterziegler von St. Urban

Des Klosterzieglers Erklärungen und Erzählungen, die vom hundertsten ins tausendste zu verlaufen scheinen, dann aber doch wieder zur Ausgangsfrage zurückkommen und fast an eine Theateraufführung erinnern, folgt man mit grosser Spannung.

Das Treffen mit Richard Bucher, dem letzten Ziegelmacher in der Schweiz, verlief sehr herzlich. Seinen ausschweifenden Erklärungen und Erzählungen, die vom hundertsten ins tausendste zu verlaufen scheinen, dann aber doch wieder zur Ausgangsfrage zurückkommen und fast an eine Theateraufführung erinnern, sind wir gerne gefolgt.
Den ersten Ziegel hat er 1973 gefertigt. Als gewiefter Selfmademan hat er uns die Augen geöffnet für ein handwerkliches Gewerbe, das sehr viele Kenntnisse der Kunstgeschichte, Materialien, Formen und eben auch des Handwerks bedingt. Schon sein erster Hinweis auf ein Dach eines Ökonomiegebäudes bei der Kirche St. Urban liess uns Ziegel erkennen, die in verschiedenen Jahrhunderten gefertigt und zum Teil in einem Zeitfenster von mehr als 400 Jahren hergestellt wurden, jedoch nur mit geübtem und professionellem Auge zu unterscheiden waren. Der uns zur Demonstration mitgebrachten Ziegel wog 3-4 kg und war 700 Jahre alt.
In seiner verwinkelten Werkstatt im Keller des Klostergebäudes traten wir dann in ein Sammelsurium verschiedenster Ziegel, sei es an Formen, Grösse, Alter. Werkzeuge, selbst gemacht oder Originale, hingen in exakter Ordnung an den Wänden.
Bucher hat uns dann die Herstellung eines Ziegels aus geschlämmtem Ton demonstriert, der immer noch in der Nähe abgebaut wird. Der Ort des Abbaus kann man als geologisches Zeitfenster von Europa bezeichnen. Bucher hat den sogenannten Batzen mit viel Kraft geklopft, in ein Model gedrückt, die Überreste mit einer Saite abgeschnitten, auf der Hinterseite eine sogenannte Nase geformt und auf der Vorderseite die für den Wasserablauf notwendigen Vertiefungen mit den Fingern eingedrückt und schlussendlich noch verschiedene Verzierungen in den noch weichen Ton angebracht. Somit war der Rohling fertig und kann nach einer langen Trockenzeit bei sehr niedrigen Temperaturen langsam im Ofen fertig getrocknet werden.
In der Klosterkirche konnten wir dann den barocken weiss stuckierten Raum der Hallenkirche auf uns wirken lassen, bevor wir das von Johann Peter Frölicher geschnitzte Chorgestühl bestaunen, und der Geschichte der weiten Reise desselben bis wieder zurück an den Ursprungsort lauschten. Von der Bossard-Orgel, die zurzeit in Revision ist, konnten wir nicht viel sehen, haben aber vernommen, dass sie ursprünglich mit 8 Blasbälgen aus Hirschleder funktioniert hat, bevor sie elektrifiziert wurde. Mit 40 Registern, über 2500 Pfeifen und 3 Manualen gehöre das Instrument zu den grössten noch weitgehend erhaltenen Barockorgeln Europas.
Sehr sehenswert war auch die Bibliothek im Dachgeschoss, ebenfalls wie das Chorgestühl mit Schnitzereien von Frölicher.
Der Mittagsrast in Thörigen war mehr als verdient.
Der überraschende Teil der Exkursion führte uns dann von Oberdorf mit der Gondelbahn auf den Weissenstein zum Kaffee und Meringues.

An Markus Graber, Mitglied des Vorstands der VfHk, der diese überaus interessante Exkursion für uns vorbereitet und geleitet hat, gebührt unser herzlichster Dank.

Vrena Moritzi Schmid

2023-07-04-Bericht über St. Urban.pdf